Am Baikalsee 22.04-01.05.2013

Liebe Mitreisende!

Wir sind an userem ersten großen Reiseziel, dem größten Süßwasserreservat der Welt angekommen. Dieser See hat uns schon immer wegen seiner Größe und seiner abgelegenen geografischen Lage, interessiert und jetzt liegt er vor uns – kalt, weiß, zugefroren. Eine endlos erscheinende Eisfläche.
Wir sind mit dem Marschrutka (Minibus) von Irkutsk nach Listvyanka, das bekannteste Touristendorf am Baikalsee, gefahren. Ungefähr auf halber Strecke liegt das Freilichtmuseum “Taltsy”, das wir vorher noch besucht haben. Ähnlich wie auf Kischi 2009 konnten wir hier aus Sibirien zusammengetragene, typische Holzgebäude bestaunen.

Listvyanka selbst ist aus Sicht eines Europäers eigentlich gar nicht so touristisch. Eine Straße, ein paar Magazine, Müll, ein als Touristeninformation getarnter Adventure-Veranstalter. Wir finden relativ schnell eine nette Bleibe und genießen den Abend am Eissee. Am nächsten Tag starten wir wie geplant unsere Trekking-Tour nach Bolshie Koty. Diese Wanderung ist Teil des GBT (Great Baikal Trail) einem Wanderweg, der eines Tages um den gesamten See führen soll. Leider führte er uns nicht allzu weit. Die Markierungen sind um diese Jahreszeit leider nicht zu erkennen und so konnten wir nur Fußspuren im Schnee folgen, die nach einem anstrengenden Aufstieg im hüfttiefen Schnee einfach aufhörten. Leider mussten wir die Wanderung an dieser Stelle entkräftet abbrechen und wieder hinabsteigen. Um trotzdem noch etwas vom schönen See zu sehen, spazieren wir nach dem Trocknen unserer Schuhe an der Küste entlang. Das Eis ist momentan nicht mehr dick genug um Fahrzeuge sicher zu tragen, aber für Fußgänger sind die ca 70 cm Eisdecke noch ausreichend. Wir gehen ein Stück auf dem See entlang und erblicken einen sehr schönen Zeltplatz. Die Sonne ist zwar schon sehr warm am Tag, aber nachts sinken die Temperaturen hier am See noch unter 0. Dazu weht stetig ein eisiger Wind. Um uns zu wärmen machen wir ein Lagerfeuer. Wir bauen unser Zelt auf und genießen die romantische Einsamkeit bei herrlichem Panorama.
Die Nacht war kühl, aber es hat sich echt gelohnt. Wir werden von der Sonne geweckt, die uns auf dem Rückweg übers Eis gleich noch eine neue Gesichtsfarbe verpasst. Am Nachmittag fahren wir zurück zu Sascha nach Irkutsk, um am nächsten Tag gleich unser nächstes Ziel, Baikalsk am Südzipfel des Baikalsees, anzusteuern. Ein Höllenritt mit dem Marschrutka und 3 Stunden später sind wir schon da und das mit all unseren Gliedmaßen.
Baikalsk liegt aus nur einem Grund auf unserer Route -> Ski fahren! Durch die Kälte des Baikaleises kann man hier auf 900m bis in den Mai hinein noch die Pisten unsicher machen. Ein wunderschöner Skitag bei 15°, Sonnenschein und trotzdem guten und fast leeren Pisten steht uns bevor. Im Verleih lernen wir eine nette Frau kennen, die uns alle Abfahrten persönlich präsentiert. Wir genießen es sehr, bei Aussicht auf den Baikalsee den Berg hinabzuwedeln. Am Nachmittag kaufen wir die Zugtickets für die Weiterfahrt nach Ulan-Ude und observieren die Papierfabrik, die hier angeblich schädliches Abwasser in den See pumpt.
Die Fahrt nach Ulan-Ude dauert nur reichlich 4 Stunden, die wir mit lustigen Fahrgästen und deren Hamster verbringen.
Ulan-Ude ist eine Handelsstadt und gleichzeitig die Hauptstadt von Burjatien. Burjatien ist ein autonomes Gebiet südöstlich des Baikalsees. Hier leben hauptsächlich Burjaten, eine Bevölkerungsgruppe mit mongolischen Wurzeln. Die Stadt ist nicht nur aufgrund der Menschen anders als die vorigen russischen Städte sondern hat sich auch ein asiatisches Flair erhalten.
Mit unserem Host Vladimir, einem anderen Couchsurfer aus Tschechien und Vladis Kumpel gehen wir burjatisch essen. Es gibt “Buzen” – heißt nicht nur fast so, sieht auch so aus. Teigtaschen mit Schaffleisch. Vladi erzählt uns, dass die Burjaten meist dem Buddismus und/oder dem Schamanismus angehören. Wir fahren zu einem buddistischen Tempel auf einem Berg in der Stadt und genießen den Ausblick und den Anblick des uns so fremden Gotteshauses. Im Regionalmuseum erfahren wir über Dashi Dorzho Itigilov, ein buddistischer Lama der 1936 beschloss zu sterben. Er ging in eine Meditationshaltung, in der er angeblich noch heute sitzt. Sein Körper ist noch im selben Zustand wie damals. Der Datsan (Tempel), in dem der Lama sitzt, liegt etwas außerhalb der Stadt in einer relativ leeren Steppenlandschaft. Die Tempelanlage ist sehr faszinierend und beinhaltet die erste buddistische Lehranstalt in Russland. Wir drehen an so ziemlich jeder Gebetsmühle, schauen den Mönchen zu und betrachten die Tempel. Itigilov ist leider unter Verschluss.
Zurück in der Stadt begegnen wir einem kleinen, alten Mann, der uns auf deutsch anspricht. Er ist so begeistert Deutsche zu treffen, dass er uns gleich zu sich einlädt und mit hausgemachtem Likör, Borsch, Keksen und Tee versorgt. Da er vor seine Pension Dozent an der Fakultät für Mathematik war, hat er großen Spaß daran, Franzi mit kniffligen Matheaufgaben zu beschäftigen. Während Franzi grübelt, zeigt Robert ihm unser Zuhause im Google Earth – ein lustiger Nachmittag 🙂

Wir planen eine weitere, letzte Tour über den Baikalsee. Diesmal auf der östlichen “wilden” Seite des Sees. Von Ulan-Ude aus fahren wir nach Gremjaschinsk, einer winzigen Holzhaussiedlung, von der aus wir am nächsten Tag eine ganztägige Wanderung (30km) übers Eis nach Turka unternehmen. Turka hat ein Gästehaus, welches wir nach langem Suchen, Fragen und Verzweifeln finden. Hier gibt es kein fließendes Wasser, erst recht kein Warmes. Dafür können wir diese Nacht in einem echten sibirischen Holzhäuschen mit Kachelofen übernachten. Gute Nacht!

Hier gibt’s wieder ein paar Fotos:

April 2013 – Baikalsee / Google Photos

Transsib: Moskau bis Irkutsk (14.04.2013 – 22.04.2013)

Liebe Leserinnen und Leser,

Wir haben uns sehr über eure Kommentare zum ersten Beitrag gefreut und hier kommt auch schon der zweite Reisebericht frisch aus Sibirien!

Auszug aus unserem Tagebuch:
“Jetzt sind wir seit ca 12 Stunden im Zug und es ist echt angenehm – voll entspannt. Ich glaube mittlerweile, dieses “Wow-Wir-sind-ein-Jahr-auf-Reise”-Gefühl gibt es gar nicht. Denn die vielen neuen Eindrücke lassen es gar nicht zu, über das Zukünftige nachzudenken – das ist gut 🙂 Schließlich ist es viel wichtiger die Gegenwart zu genießen. Was sich chnell eingestellt hat, ist eine komplett stressfreie Grundeinstellung! Die Zeit hat schon jetzt eine andere Bedeutung als vor Reisebeginn… So liegen wir auf den oberen Liegen des Platzkart-Abteils und beobachten die Landschaft: Birkenwald, Nadelbäume, Birkenwald, schneebedeckte Wiese, Nadelwald, Häuschen, Bahnhof, Birkenwald, Sumpf, Birkenwald, brennender Birkenwald …”

Am frühen morgen des 15.04.2013 erreichen wir Jekaterinburg. Unsere Couchsurfer, ein freundliches Pärchen (Eugene und Anna) und ihre Katze “Lustig” in einem WG-Zimmer, empfangen uns herzlich. Wir beginnen den Tag mit einem Stadtrundgang durch die Fußgängerzone und verschneite Parks. Eine Ostblockstadt mit krummen Straßenbahnschienen und staubiger Luft. Zum Mittag essen wir mit unseren Gastgebern im “Uralskie Pelmeni” …endliche wieder Pelmeni 🙂 Wir treffen Eugenes Kumpel Stas und schauen uns gemeinsam die berühmte Kathedrale auf dem Blut (auf dem Blut der hier ermordeten Zarenfamilie) an. Beim Teetrinken werden wir in tiefgreifende Diskussionen über Geschäftsideen und “P=NP?” verwickelt und der Untergang Europas wird uns prophezeit. Um diese schwere Themen zu verdauen kaufen Eugene und Anna zwei ganze Brote, die wir an die Enten verfüttern – wenigstens ein lösbares Problem. An unserem zweiten Tag in Jekaterinburg fahren wir an den Stadtrand, um den einzigen Geocache der Stadt zu finden – wir sind die Erstfinder! Im ethnografischen Museum erfahren wir über die Reisen der Postmänner durch Sibirien!

Am Abend steigen wir mit Sack und Pack und bewaffnet mit Instant-Tütensuppen wieder in den Zug. 37 Stunden liegen bis Krasnojarsk – unserem nächsten Ziel – vor uns. Die Flora besteht jetzt nur noch aus Birkenwäldern. Im Zug lernen wir eine Schottin und einen englisch-sprechenden Russen (sehr seltenes Exemplar) kennen und verbringen einen lustigen Abend mit ihnen. Die restliche Zeit im Zug schlummern wir vor uns hin. Es lässt sich echt gut aushalten 🙂 Trotz der langen Fahrzeit fehlt uns noch immer das Gefühl für die Entfernung und die Weite da draußen. Was für uns ein Abenteuer ist, ist für die Einwohner völlig normal: 4 Tage bis in die Hauptstadt, eine Bahnhofsuhr in Moskauzeit, die zur Tageszeit schon gar nicht mehr passt, Tütensuppen, Tee und stinkender Fisch im Wagon.

Am Vormittag des 18.04.2013 kommen wir in Krasnojarsk an. Auch Max, unser Gastgeber, empfängt uns herzlich! Wir tauschen uns über das Reisen aus und er erzählt uns viel über seine ausgiebigen Reisen in Südostasien und gibt uns nützliche Tipps. In dieser Stadt kann man die Luft in Würfel schneiden. Krasnojarsk ist die 5. dreckigste Stadt Russlands (die dreckigste ist Norilsk, aber die liegt zum Glück nicht auf unserer Route). Trotzdem hat die Stadt durch ihre hügelige Lage und schönen Aussichtspunkte einen gewissen Charme. Ganz in der Nähe gibt es hier einen Nationalpark – “Stolby“ – den wir am nächsten Tag besuchen. Wir wandern durch den sibirischen Wald und können Streifenhörnchen und interessante Vogelarten beobachten. Oben auf den Hügeln gibt es steile Felsformationen zu besteigen, ein bisschen wie im im Elbsandsteingebirge oder in der Wachau. Vor unserer Weiterfahrt Richtung Irkutsk besuchen wir das Regionalmuseum der Stadt, in dem wir Einblick in die Geschichte Sibiriens erhalten. Auch ein Mamut-Skelett und eine Ausstellung über die Sovietunion gibt es hier.

Auf dem Weg nach Irkutsk wird die Landschaft wieder vielfältiger. Nach der Taigalandschaft gibt es hier wieder Mischwälder, Wiesen und Hügel.
Am Vormittag des 21.04.2013 steigen wir in Irkutsk aus dem Zug. Das ist also Irkutsk, die Stadt die auf der Weltkarte sooo abgelgen erschien. Ziemlich viele Menschen für den A der Welt. In der Stadt tönt Musik aus den Lautsprechern an den Laternen, der Verkehr ist ein perfekt funktionierendes Chaos und auch das “System” der öffentlichen Verkehrsmittel ist hier äußerst verwirrend… Wir schlafen bei Sascha, der am Abend einen Haufen reunde einlädt, die alle gemeinsam in einer speziellen Schule Englisch lernen. Ein lustiger Abend mit vielen Erzählungen und einer Runde Mafiosi-Spielen 🙂

Am nächsten Tag machen wir uns voller Neugierde auf zum 70km entfernten Baikalsee…

Bis dahin, ganz viele liebe Grüße aus dem frühlingshaften Sibirien!

Hier geht’s zu den Fotos:

April 2013 – Moskau bis Irkutsk / Google Photos