Ab in den Süden! (18.02-27.03.2014)

Liebe Dabeigebliebenen,
wir freuen uns, dass ihr trotz unserer verzögerten Dokumentation immernoch fleißig lest! Vielen Dank!

Das ist die Geschichte unserer 5-wöchigen Reise ins kühle Patagonien:

Nachdem wir uns endlich vom fiesen Virus erholt haben, der uns in Valparaiso heimgesucht hat, können wir endlich unsere Reise in den Süden starten. Schließlich war das Abenteuer Patagonien der ausschlaggebende Grund, weshalb wir nach Südamerika gekommen sind. Wir verlassen also die Stadt und fahren über Santiago nach Pichilemu. Das ist der bekannteste Surfort Chiles. Wir schlagen unser Zelt auf einem kleinen Zeltplatz im Ort auf und wandern am nächsten Tag den langen Strand entlang zum Punta de Lobos, dem Pointbreak, wo die Profis ihr Können zeigen. Wir genießen die Meeresluft und beobachten die riesigen Wellen bevor wir am folgenden Tag Surfbretter leihen und uns ins eiskalte Wasser stürzen – natürlich nur vorn in den kleineren Wellen. Nach diesem erfrischenden Erlebnis geht’s weiter in den Süden. Ein komfortabler Nachtbus bringt uns nach Puerto Varas, ein Ort geprägt von deutschem Einfluss. Wir schauen uns verdutzt an, als sich im Supermarkt zwei alte Damen neben uns auf Deutsch unterhalten. Wir zelten im Garten eines Kayakverleihs in Ensenada und starten am nächsten Morgen unsere Seefahrt auf dem Lago Todos Los Santos. Mit Rückenwind und Sonnenschein paddeln wir zu einem verlassenen Strand mit Blick auf den mächtigen, schneebedeckten Vulkan Osorno. Nach einem erfrischenden Bad und Mittagessen vom Campingkocher geht’s weiter in einen Seitenarm des Sees. Die Sonne hat sich hinter Wolken versteckt und der Wind dreht sich gegen uns… Nach 4 Stunden unermüdlichen Paddels erreichen wir endlich das Ende der Bucht. Wir schlagen unser Lager an einem leeren Strand unweit einer kleinen Siedlung am See auf und freuen uns über einen rosa schimmernden Abendhimmel. Es ist hier schon spürbar kälter als in Valparaiso und wir verkriechen uns schnell im Zelt. Am nächsten Tag paddeln wir bei herrlichem Wetter zurück. Auf dem Hauptteil des Sees schubsen uns große Wellen hin und her, Wasser platscht über unser Kayak und Robert hat am Steuer voll zu tun, damit wir nicht zu nah an die Felsen treiben 😉
Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Bus nach Puerto Montt, wo wir den ganzen Nachmittag erfolglos neue Flipflops für Robert suchen, da seine vom Hund in Ensenada in der Nacht zerbissen wurden…

Carretera Austral
Von Puerto Montt aus bringt uns ein Bus in 25 Stunden nach Coyhaique. Da es auf der chilenischen Seite keine durchgehende Straße gibt (die Carretera Austral ist durch viele Fähren verbunden), fährt der Bus über Argentinien. Wir kreuzen also die Anden mit wunderschönen Bergpanoramen und holpern über die Ruta 40 in Argentinien nach Süden, um dann wieder zurück nach Chile zu fahren. Coyhaique ist nur ein Zwischenstopp für uns und wir fahren bereits am folgenden Tag weiter mit dem Bus entlang der Carrtera Austral nach Tortel. Die Carretera Austral wurde als Großprojekt unter Diktator Pinochet von 1976-96 gebaut und stellte aufgrund der vielen Gebirge, Fjorde und Wälder eine besondere Herausforderung dar. Wir sind beeindruckt von der farbenprächtigen Berglandschaft und den endlosscheinenen Wäldern. In Tortel zelten wir auf einem kostenlosen Zeltplatz am Fjord und spazieren durch das Dorf, was zwischen Wasser und Bergen an die steilen Wände gequetscht ist. Deswegen gibt es auch keine Straßen, sondern nur Holzstege. Da es von hier keinen direkten Bus nach Villa O’Higgins, dem nächsten und gleichzeitig letztem Dorf an der Carretera Austral, gibt, wandern wir am Abend in Richtung der 20 km entfernten Kreuzung mit Bushaltestelle. Zum Glück bietet uns nach 3 km ein Pick-up einen Platz auf der Ladefläche an – eine lustige Achterbahnfahrt 🙂 Neben der Straße ist ein guter Platz für unser Zelt und am Morgen steigen wir in den Bus, der tatsächlich gegen 10 Uhr vorbeikommt! In Puerto Yungay fährt der Bus auf eine Fähre und wir schippern eine Stunde über den Fjord nach Rio Bravo. Das Wetter ist wieder herrlich und die Sonne strahlt auf die schneebedeckten Berge. Am Nachmittag erreichen wir Villa O’Higgins (VOH) und schlagen unser Zelt auf einer Holzplattform im Wald des Ökocamps auf. Das Camp wird von Mauro, einem engagierten Chilenen geführt, der alle Gebäude (Küche, Bäder, sein Wohnhäuschen) selbst mit recycelten Materialien aufgebaut hat. Außer uns sind nur Tourenradfahrer im Camp. Sie alle sind die Carretara Austral geradelt und wollen jetzt über Argentinien weiter. Für Autos und Motorräder ist hier Schluss, da keine Straße weiterführt. Das macht VOH zu einem sehr ruhigen und friedlichen Ort – nur Radfahrer und ein paar Backpacker. Wir verbringen 4 Tage hier bis das nächste Boot über den VOH-See fährt. Dabei erkunden wir einen schönen Wanderweg mit großartigen Blicken über 2 Gletscher, gehen Vögel beobachten, schauen das Chile-Deutschland-Freundschaftsspiel mit Mauro (und gewinnen dabei eine Flasche Wein) und kochen jeden Abend gemeinschaftlich auf dem Holzofen in der gemütlichen Küche.

Die argentinische Seite Patagoniens
Dann packen wir unsere Rucksäcke inkl. Proviant für 4 Tage und gehen auf das Boot. Leider ist der Wind zu stark und wir können nicht am Villa O’Higgins-Gletscher vorbeifahren. Dafür sind wir mittags schon auf der Südseite des Sees, wo der chilenische Grenzposten ist. Von dort ab wandern wir durch die schöne Natur bis wir am Abend an der argentinischen Seite der Grenze
ankommen und dort unser Zelt aufschlagen. Vom Wanderweg aus haben wir bereits den mächtigen Fitz Roy in der Ferne gesehen bevor er sich in Wolken gehüllt hat. Anstatt das Boot am nächsten Morgen über den Lago del Desierto zu nehmen (was eh vollgestopft mit Fahrrädern ist), wandern wir weiter am See entlang und entdecken weitere Gletscher. Das Wetter ist wirklich kalt und windig hier…brrr…
Auf der anderen Seite des Sees nimmt uns ein Ehepaar im Auto mit zum Eingang des Los-Glaciares-Nationalparks, wo wir bei heftigem Sturm weiter zu einem Camp am Fuße des Fitz Roys laufen. Leider setzt in der Nacht Regen ein, der am Morgen in Schnee übergeht, sodass wir nicht bis zum Aussichtspunkt hochgehen. Stattdessen wandern wir weiter zum Cerro Torre, wo wir unser Zelt wieder bei leichtem Schnee aufbauen. Am nächsten Morgen haben wir Glück und laufen um den Lago Torre, auf dem eine große Eisscholle des angrenzenden Gletschers treibt, zu einem schönen Ausguck. Der Cerro Torre ist leider wieder in Nebel gehüllt. Von dort steigen wir ab ins Dorf El Chalten und sind dankbar für ein gut geheiztes Zimmer.
Unsere nächste Station auf dem Weg Richtung Süden ist El Calafate – ein Ort voller Touristen, die den Perito-Moreno-Gletscher besuchen. Wir bereiten uns am Nachmittag mental auf unser Treffen mit dem Eisriesen vor, in dem wir in das neue, interessant gestaltete Gletschermuseum gehen. Am Morgen fährt uns dann ein Bus zum Perito-Moreno und wir schippern auf einem Boot nah an die Eiswand heran. Anschließend beobachten wir den Gletscher von den Holzstegen der gegenüberliegenden Halbinsel aus und sind beeindruckt von den riesigen herab brechenden Eisbrocken!

Torres Del Paine
Von El Calafate aus überqueren wir mit dem Bus erneut die Grenze nach Chile und kommen nach Puerto Natales, dem Ausgangspunkt für Wanderungen im weltberühmten Torres-Del-Paine-Nationalpark. Wir nehmen uns einen Tag für Vorbereitungen, denn wir möchten gern die große 9-Tage-Runde um das ganze Bergmassiv gehen. Da wir genug von Frieren und rationiertem Essen haben, leihen wir uns extra warme (und große) Schlafsäcke und kaufen Unmengen an Proviant (für 10 Tage).
Am Morgen starten wir mit dem Bus voller Franzosen und Deutscher in Richtung Nationalpark Torres del Paine. Wir haben super Wetter als wir vom Bus in den Katamaran umsteigen, um zu unserem Startpunkt zu gelangen. Die berühmten Torres (spitze, kahle Granitberge) leuchten in der Sonne und die Guanacos liegen gediegen auf der Wiese. Trotz des Sonnenscheins weht ein eisiger Sturm und wir müssen unsere Sturmhauben tragen. Nach einer kurzen Wanderung gelangen wir zu unserem ersten Camp (Italiano). Am Abend wird es hier eisig kalt und das Kochen und Essen an den dafür vorgesehenen Kochstellen ist kein Spaß, da uns die Finger vor Kälte weh tun.
Am nächsten Morgen gehen wir 7 km hoch ins Valle de Frances. Wir bestaunen die riesige Bergwand von der sich ein Gletscher über die Klippe schiebt. Weiter oben kommen wir zum Mirador Britanico, eine breite Gipfelkette aus weißem Granit schimmert vor der verschleierten Sonne. Am Abend gelangen wir zum Camp Cuernos. Aufgrund von merkwürdigen Geräuschen in der letzten Nacht und wilden Geschichten anderer Reisender bzgl Mausbefall stellen wir unsere Rucksäcke in den Kochraum, bleiben aber trotzdem nicht verschont. Am Morgen sind Schokolade und Brötchen angefressen. Es gibt hier viele hungrige Mäuse. In den kalten Nächten terrorisieren sie uns ständig und beginnen teilweise das Zelt anzunagen. Unsere Rucksäcke inklusive Proviant müssen wir jeden Abend an Bäume hängen und nachts oft gegen die Zeltwand klopfen um nicht noch Besuch zu bekommen. Am nächsten Tag geht es auf zu den Torres. Am Nachmittag klart der Himmel ein wenig auf und die Touristenmassen sind bereits zurück im Tal. Wir ergreifen unsere Chance und steigen zum Aussichtspunkt auf. Es ist ein mystischer, beeindruckender Anblick die Torres so nah und in Schleierwolken gehüllt zu sehen. Wir genießen die ruhige Stimmung und machen uns danach auf den Weg zurück ins Camp Las Torres. Wie bisher jeden der weltberühmten Sonnenaufgänge lassen wir auch diesen aus und machen uns auf den Weg, die Rückseite des Massives zu erkunden. Auf dieser langen Etappe zum Camp Seron treffen wir sehr wenige Touristen und können die wunderschöne Natur endlich in vollen Zügen genießen. Nach einer weiteren mäusereichen Nacht erwartet uns wieder ein sonniger Tag. Der heutige Weg ins Camp Dickson ist der bisher schönste der Wanderung. Grandiose Aussichten, unberührte Natur, windschiefe Gipfel und riesige Gletscher, so haben wir uns Patagonien vorgestellt. Am 6. Tag erwachen wir das erste Mal bei Regen, aber da heute nur 4 Stunden Wandern vor uns liegen, lassen wir uns viiiiiiel Zeit und vor allem die Laune nicht vermiesen. Der stetige Anstieg führt uns zu einem weiteren Gletscher, wo der Wind so unglaublich stark ist, dass er unsere Regencapes zerfetzt und durch die Luft schleudert. Ein paar Mal halten wir uns geduckt an Steinen fest, da wir so starke Sturmböen noch nie erlebt haben. Bald darauf kommen wir im letzten Camp vor der Passüberquerung an. Los Perros ist der mit Abstand kälteste Campingplatz auf der Wanderung und die anderen waren schon sehr kalt. Immerhin gibt es einen (ungeheizten) Kochraum, in dem wir uns aufhalten können. Wir hoffen auf gutes Wetter für die Passüberquerung, doch am Abend fällt wieder Regen, der über Nacht in Schnee übergeht und unser Zelt in ein Iglu verwandelt. Wir erwachen im winterlichen Wald und bekommen vom Ranger gesagt, dass wir mit der Passüberquerung warten müssen. Zusammen mit 13 anderen Wanderern warten wir in der kalten Hütte bis zum Mittag. Immer wieder ziehen Schneestürme durch den Wald. Schließlich lockert es ein bisschen auf und der Ranger gibt uns das OK, sofern alle 15 Trekker in einer Gruppe zusammen gehen. 1,5 Stunden stapfen wir im Wald steil hinauf durch knöcheltiefen Schnee und Schlamm. Die Größe unseres “Expeditionsteams” erfordert viele Wartepausen. Als wir aus dem Wald kommen, schlägt uns starker Wind ins Gesicht und der Schnee ist jetzt schon wadentief. Plötzlich taucht ein Ranger auf, der von der anderen Seite des Passes kommt. Er erklärt uns, dass der Schnee am Pass hüfttief und der Wind so stark ist, dass es sogar ihn meterweit über das Eis geblasen hat. Er verbietet uns das Weitergehen und so müssen wir umkehren. Da es keine Hoffnung gibt, dass der Schnee bis morgen taut, entscheiden wir schweren Herzens die 3 Tage zurückzugehen, die wir nun von der Zivilisation entfernt sind. Abgesehen davon können wir uns nur schwer vorstellen weitere Tage hier oben in der klirrenden Kälte im Zelt auszuharren. Am Abend sind wir wieder in Dickson. Mittlerweile haben wir wirklich genug vom Wintercampen und wollen die 2 Tage in einem zurücklaufen. Am Ende des letzten Tages sind es 35 km über Stock und Stein. Die letzten Kilometer schleppen wir uns gemeinsam mit 2 Berlinern über die Hügel und sind am Abend wahnsinnig dankbar, dass Gloria in Puerto Natales noch ein warmes Zimmer für uns hat. Es ist schade, dass wir die Runde nicht komplett gehen konnten, aber es war trotzdem eine einmalige Wanderung in einer herrlich wilden Natur!

Pinguine und Feuerland
Nach einem Tag Erholung fahren wir mit dem Bus in die südlichste Stadt des patagonischen Festlands, Punta Arenas. Unser Ziel hier ist es Pinguine zu beobachten. Wir melden uns gleich für eine Ausfahrt zu der auf Feuerland lebenden Kolonie von Königspinguinen an und werden am nächsten Morgen zeitig abgeholt. Im Kleinbus geht’s 2 Stunden bis zur Fähre, die uns in 30 Minuten auf die berühmte Insel bringt, dann nochmal 2 Stunden Fahrt mit Zwischenstopp in Cerro Sombrero, einem ungewöhnlichen Dorf, bis wir endlich bei den Pinguinen sind. Wir beobachten die Tiere, die an der gegenüberliegenden Seite eines kleinen Baches in ca. 20-30 m Entfernung schlafen, baden und eigenwillige Geräusche machen. Die Zeit vergeht wie im Flug und nach 2 Stunden fahren wir den ganzen Weg zurück. Leider verzögert starker Wind die Abfahrt der Fähre und wir kommen erst spät abends wieder in Punta Arenas an. Ein langer Tag, aber es hat sich auf jden Fall gelohnt, um diese seltenen Vögel zu sehen.
Am folgenden Morgen geht’s gleich wieder früh raus, diesmal um die kleineren Magellanpinguine zu besuchen. Diese bevölkern die Isla Magdalena, eine kleine Insel unweit der Stadt, wo wir mit dem Boot hingebracht werden. Hier ist alles übersät mit den Bruthöhlen dieser putzigen Tiere, denen man unbedingt Vorfahrt gewähren muss, wenn sie die Wege der Touristen kreuzen, um Futter vom Meer zu ihren Familien zu bringen.
Dieser Ausflug war ein schöner Abschluss unserer Patagonienreise, die uns vor allem durch ihre wilde Natur mit den unzähligen Gletschern beeindruckt hat. Trotzdem freuen wir uns (jetzt wo es hier unten Winter wird) wieder ins Warme zu kommen, als wir am 27.03 ins Flugzeug zurück nach Santiago steigen.

Hier geht’s zum großen Fotoalbum mit vielen Gletscherfotos 😉

Patagonien / Google Photos

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