Indien 2016 – Amritsar: Goldener Tempel und Grenztheater

Am Morgen des 25.10.16 holen wir uns zum letzten Mal leckere Choco-Crossaints aus dem Himalaya Tea Shop, bevor uns ein Taxi nach Kangra bringt. Hier steigen wir in den Toy Train, eine langsame Schmalspurbahn, nach Pathankot. Die Aussicht ist durch die niedrigen Fenster vor allem für Robert etwas eingeschränkt, aber die vorbeiziehende Landschaft ist sehr hübsch: zuerst noch hügelig und üppig mit Bäumen, Sträuchern und bunten Blumen bewachsen, danach flacher und trockener. Nach 4,5 Stunden erreichen wir Pathankot und satteln dort auf den lokalen Bus nach Amritsar um. Von nun ab ist die Luft staubig, voller Abgase und wird immer dicker… Der Müll und Dreck in den Dörfern am Straßenrand ist schockierend! Die Fahrt scheint endlos und als wir endlich das Stadtgebiet von Amritsar erreichen wird es noch schlimmer. Überall sind die Straßen verstopft mit Auto- und Fahrradrikschas, Busse, Trucks, Pferdekarren, Rädern, Traktoren, Rollern und Fußgängern. Es ist inzwischen dunkel und die Scheinwerfer strahlen nur dicke Rauch- und Staubwolken an. Auch der Gehörsinn wird aufs Äußerste strapaziert, da es im Chaos hilfreich scheint, laut und langanhaltend zu hupen. Unserem Bus wird die Einfahrt durch das Stadttor verwehrt und so geht das Geschiebe und Gedränge in eine andere Richtung weiter, bis wir schließlich am Busbahnhof ankommen. Wir steigen in die nächste Autorikscha, ziehen noch eine Schicht Stoff mehr über unsere Nasen und fahren in die Altstadt. Wir werden irgendwo rausgeworfen und finden mittels MapsMe-Navigation unseren Weg in eine Straße voller Hotels -immer auf der Hut, dass uns niemand über die Füße fährt! Wir nehmen ein einfaches, etwas überteuertes Zimmer ohne weiter zu suchen und sind erstmal heilfroh, angekommen zu sein. Kurz darauf stellen wir fest, dass nur 200 m weiter, eine große, saubere Fußgängerzone zum Goldenen Tempel führt. Das Spazieren zwischen den vielen Läden und Menschen hier, erscheint uns als pure Erholung. Wir sehen eine große Menschenansammlung – alles Sikhs-, die mit Gesang zum goldenen Tempel pilgern. Wir folgen ihnen fasziniert bis zum Eingang, beschließen aber den Tempelbesuch für morgen aufzuheben.
26.10. Nach dem Frühstück (Mix Kulcha) laufen wir das kurze Stück zum berühmten goldenen Tempel, der bedeutendsten Pilgerstätte der Sikhs, die hier in Scharen mit ihren bunten Turbanen, Baumwollgewändern, langen Bärten, geschwungenen Dolchen und silbernen Armreifen umherlaufen. Wir geben die Schuhe ab und betreten den Tempelkomplex: ein großes Wasserbecken umgeben von Marmor und in der Mitte der Goldene Tempel. Eine sehr eigenartige, aber angenehme Musik ertönt überall zusammen mit dem gesungenen Gebet. Die Atmosphäre ist absolut bezaubernd und wie automatisch schließen wir uns den anderen Menschen an, die um das Wasserbecken spazieren. Überall baden Pilger am Rand und trinken das heilige Wasser. Über eine Brücke gelangen wir in den goldenen Tempel, wo ein Sikh-Guru aus dem heiligsten Buch singt und andere diese merkwürdige Musik machen. Noch nie hat eine heilige Stätte so eine Wirkung auf uns gehabt. Wir schauen uns noch die teilweise brutalen Gemälde zur Geschichte der Sikhs im Museum an, bevor wir den Komplex wieder verlassen. Vor dem Eingang spricht uns ein Besucher aus Bihar an (neben den ständigen Selfie-Anfragen :-D). Er verbringt hier einige Tage, schläft und isst im Tempel, wo es für Pilger, Besucher und Bedürftige alles umsonst gibt. Am Nachmittag fahren wir im Sammeltaxi zur pakistanischen Grenze. Hier wird jeden Tag ein großes Spektakel um das Einholen der Fahnen veranstaltet. Auf beiden Seiten stehen Tribünen für die Zuschauer und auf der indischen Seite herrscht Volksfeststimmung mit ausgelassenen Tänzen. Die Musik aus den Boxen, die jeweils auf das andere Land ausgerichtet sind, ist ohrenbetäubend. Dann beginnt die Show. Die herausgeputzten Grenzsoldaten werfen ihre Beine um die Wette in die Höhe und schleudern provozierende Fäuste Richtung Grenztor. Schließlich werden die Fahnen langsam eingeholt und das Tor verschlossen. Dann ist das Spektakel vorbei und alle fahren heim. Am Abend besuchen wir erneut den Tempel und genießen die besondere Stimmung.
Am nächsten Tag wollen wir einen Versuch starten, ein Stück Natur zu sehen. Wir fahren mit dem Taxi ca. 90 Minuten nach Harike – einem Feuchtgebiet am Zusammenfluss des Beas und Seithey. Leider kennt sich unser Fahrer nicht aus und fragt sich durch. Wir holen mit etwas bürokratischen Aufwand eine Genehmigung (für was auch immer). Er fährt uns weiter an einen Sikh-Tempel, von wo aus laut Internet die Pfade ins Vogelschutzgebiet beginnen. Er führt uns in die Tempelanlage, wo wir mal wieder viele neue Bekanntschaften machen. Der bewaffnete Sicherheitsmann führt uns durch den Tempelkomplex, nur den Weg in den Park will uns niemand zeigen. Nach ein paar Selfies können wir uns dann aber doch auf den Weg machen und spazieren einen sandigen Weg entlang des Flusses. Der Park ist noch im Entstehen und so machen wir mit den Bauarbeitern zur Abwechslung ein paar Selfies. Nach ewigen Suchen können wir dann doch noch ein paar Reiher und Kormorane beobachten…und dann passiert es – Robert fällt die schöne neue Kamera ins Wasser. Trotz schneller Reaktion gibt unsere Kamera in diesem Moment unter wildem Flimmern den Geist auf. Ab jetzt muss also das Handy reichen. Zu allem Überfluss verhindert ein gewaltbereiter Affe das weitere Erkunden des Gebietes und so brechen wir unseren “Naturausflug” leicht frustriert ab 😀 Am Nachmittag buchen wir in einem langwierigen Prozess Zug- und Bustickets nach Varanasi für den nächsten Tag. Abends gehen wir erneut in den Tempel und essen diesmal auch dort. In den riesigen Speisesälen werden täglich im Akkord ca. 80.000 Menschen umsonst verköstigt. Das Essen (Dal, Milchreis, Curry, Rettich, Roti) wird in Badezuber-großen Töpfen gekocht und dann aus Eimern verteilt – absoluter Wahnsinn”

Leider hat Robert das Essen im Tempel gar nicht vertragen und alles wieder von sich gegeben. Somit sind wir am nächsten Tag reiseunfähig – unsere Tickets müssen wir verfallen lassen. Für morgen wird neu gebucht – hoffentlich erholt er sich…

Hier könnt ihr den Goldenen Tempel bestaunen:

Amritsar Okt-2016 / Google Photos

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