Von den Alpen an die Küste und zurück in Otago (25.11-20.12.13)

Liebe Radfreunde,
hier ist die Fortsetzung unseres zweirädrigen Berichtes…

Nach einem Regentag in Twizel sieht der folgende Morgen etwas freundlicher aus und wir sind zuversichtlich. Von hier ab fahren wir auf dem Alps2Ocean Radweg, der uns als erstes an einem Kanal entlang zum Ohausee führt. Ein schöner Radweg durch dicht bewachsene Uferlandschaft. Nachdem wir eine ausgeschilderte, aber halsbrecherische Abkürzung über zerfurchte, hügelige Wiesen und Bäche überwunden haben, geht es an einem Bergzug entlang. Der Weg gleicht jetzt mehr einem Waldwanderweg. Die nächsten Regenwolken schieben sich näher und im Wald ist es neblig, keine Menschenseele weit und breit…schön, aber etwas gruselig. Wir hören zum ersten Mal den Gesang des Bellbirds (Glockenvogel), der uns an die ersten polyphonen Klingeltöne von Handys erinnert. Eine märchenhafte Atmosphäre! Während der Weg zu seinem höchsten Punkt (900m) klettert, fängt es wieder an zu regnen. Beim anschließenden Hinabfahren wird es immer immer kälter und wir biegen bald in ein Seitental zu einem markierten Picknickplatz ab, um zu zelten, da es bis zur nächsten Stadt zu weit ist. Leider handelt es sich bei diesem Ort nur um eine abgelegene Wiese mit einer historischen Scheune, in der früher hunderte Schafe geschoren wurden. Für uns ist die Scheune ein willkommener Unterstand, in dem wir Abendessen kochen können. Schlafen, wollen wir in diesem gruseligen, einsturzgefährdeten Verschlag lieber nicht. Also bauen wir unser Zelt im kalten Regen auf…brrr… Der nächste Morgen ist neblig und kalt, die Regenwolken hängen bedrohlich tief. Zum Glück wird es schnell wärmer und freundlicher als wir aus dem Tal raus zur Hauptstraße kommen. Nach einem wohltuenden Kaffee und Mittagspause in Omarama radeln wir nach Otemata, wo wir unsere Zeltausrüstung auf dem Zeltplatz trocknen 🙂 Den nächsten Morgen starten wir bei bewölkertem Himmel mit einem happigen Aufstieg auf den Benmore-Damm. Oben haben wir rote Köpfe, aber einen schönen Ausblick ins Tal. Anschließend geht’s zwischen vielen bunten Blumen an den Aviemore und Waitaki-Seen entlang und es zeigt sich sogar die Sonne 🙂 Am Nachmittag weitet sich das Flusstal und wir erreichen bei starkem Gegenwind Duntroon, wo wir auf dem Gemeindesportplatz zelten. Von dort aus folgen wir dem Alps2Ocean-Radweg durch eine bizarre Kalksteinlandschaft mit Maori-Zeichnungen zu den Elefantenfelsen. Wir spazieren über eine Schafweide mit großen, runden Felsen, die von weiten wirklich wie eine Elefantenherde aussehen. Von dort aus ist der Weg ein ständiges Auf und Ab über Hügel, die immer runder werden bis wir schließlich das Meer sehen und bald darauf in Oamaru ankommen. Den Abend hier nutzen wir, um zu einem Aussichtspunkt an der Steilküste zu laufen, von dem aus wir 4 gelbäugige Pinguine und eine Robbe beobachten! In Oamaru sehen wir zufällig die erste Weihnachtsparade -etwas eigenartig mitten im Frühsommer- und eine Zeltausstellung. Wir entscheiden uns für ein neues Zelt, weil unser kleines, heißgeliebtes Zelt leider kein Wasser mehr abhält und die Abdeckung mit der Baumarktplane auch keine allzu elegante und angenehme Lösung ist. Unser neues Zuhause ist etwas geräumiger, da man sich darin aufsetzen kann und es auf beiden Seiten ein kleines Vorzelt für die Rucksäcke hat. Wir sind gespannt, ob es sich im nächsten Regen bewährt! Wir verlassen Oamaru Richtung Süden und fahren in den nächsten beiden Tagen nach Dunedin. Dabei haben wir immer wieder mit starkem “Gegensturm” zu kämpfen, aber es ist meist sonnig. Die Küstenlandschaft hält schöne Ausblicke für uns bereit, besonders die Bucht um Karitane begeistert uns. Bevor wir in Dunedin ankommen, müssen wir noch die 8,5km auf den Mt.Cargill radeln, um dann rasant in die Stadt zu düsen. Dabei komplettieren wir unsere ersten 1000 Radkilometer 🙂 Dunedin gefällt uns gut und ist die erste Stadt, die wirklich lebendig wirkt. Es ist außerdem unsere erste Station, an der wir länger als eine Nacht bleiben. Von hier aus machen wir einen Ausflug auf die Otago Halbinsel, allerdings nicht um die Albatrose und Robben zu besuchen (die Touren sind uns mit über 100€ doch etwas zu teuer), sondern um einige Geocaches aufzuspüren 🙂 Der eigentliche Grund, warum wir uns in der Stadt aufhalten, ist die Cadbury-Schokoladenfabrik. Während unserer Fahrradtour sind die Cadbury und Whittaker Schokis ein wesentlicher Bestandteil unserer Energiezufuhr (neben Müsliriegeln…). Umso mehr freuen wir uns, dass wir die heiligen Hallen von Cadbury besuchen dürfen und reichlich Kostproben bekommen *schleck* Außerdem schauen wir uns das neue, sehr schön gestaltete Otago-Siedler-Museum an und bestaunen die steilste Straße der Welt, die Baldwin Street. Robert leert kurzerhand seine Gepäcktaschen und radelt entschlossen auf die Straße mit den hinauf schnaufenden Touristen zu. Im Zickzack schafft er es bis hoch – Juhu!! Runterzu schiebt er lieber – so steil ist die Straße… Anschließend verlassen wir Dunedin mit der nostalgischen Tairie-Gorge-Eisenbahn. Wir genießen die herrliche Fahrt durch die Schlucht mit vielen Tunneln und Viadukten. In Pukerangi, einem nicht existierenden Ort im Nirgendwo steigen wir wieder um auf unsere Räder und fahren nach Middlemarch. Hier im Landesinneren ist es spürbar wärmer, als an der Küste.

Am Nikolaustag starten wir mit unserem 1111. Kilometer den bekannten Central Otago Railtrail. Ein schöner, flacher Kieselweg entlang der alten Bahnlinie, über Brücken, Viadukte und durch Tunnel. Hier haben wir unsere erste Panne: ein Platten in Roberts Hinterrad. Nach dem Schlauchwechsel in der heißen Mittagssonne geht es weiter auf dem “Nail Trail”. Wir genießen die Fahrt bei perfektem Wetter, während die Schlucht Richtung Hyde wieder enger wird. Hier finden wir einen der besten wilden Zeltplätze auf unserer Reise und nehmen ein Bad im Taieri Fluss. An den nächsten Tagen werden wir von heftigen Gegenwind geplagt und eine dicke Regenfront ist uns auf den Fersen. Wir fahren durch eine herrliche Schlucht mit großen Viadukten und 2 langen Tunneln – der schönste Teil des Radweges. Wir erreichen die Stadt Alexandra und einen Tag später das Ende der Bahnlinie in Clyde, einem spießigen Dörfchen mit ein paar Häusern aus der Goldgräberzeit. Ab hier geht es wieder auf asphaltierten Untergrund am Lake Dunstan entlang nach Cromwell, einem Ort bekannt für seine Kirschplantagen. Unser nächstes großes Ziel ist Queenstown, ca. 77 nervenaufreibende Kilometer westlich von hier. Der enge, kurvige Highway durch die Kawarau-Schlucht ist wahrlich kein Genuss, da wir die Straße mit vielen überbreiten und schnellen Vehikeln, wie LKW’s und Wohnmobilen teilen. Bald erreichen wir aber den Queenstown Trail, unseren nächsten “Great Ride”. Der Weg führt über einige steile Hügel zu einer schönen Flusslandschaft und letztendlich in die Stadt. Berühmt als der Ski- und Partyort in Neuseeland wirkt das supertouristische Queenstown etwas fehl an einem so schönen Platz am Wakatipusee. Die Stadt ist allerdings auch sehr bekannt für die guten Trekkingmöglichkeiten und so machen wir uns auf den Weg nach Glenorchy am anderen Ende des Wakatipusees, dem Ausgangsort des Routeburn Treks.
Wir starten den 3-tägigen Great Walk, der uns durch verregneten aber traumhaft grün leuchtenden Regenwald und Mittelerde-Berglandschaften führt. Viel Regen und einige Wanderer, aber eine entzückende Landschaft. Der Trek führt durch den Fjordlandnationalpark direkt zur Straße Richtung Milford Sound. Der Milford Sound ist der bekannteste Fjord Neuseelands und gehört mit 6700mm Jahresniederschlag zu den regenreichsten Orten der Welt. Wir trampen 80 km zum Fjord, um letztendlich in Nebel und noch mehr Regen zu stehen. Wir sehen ein paar Wasserfälle an den steilen Fjordwänden und die Autofahrt durch die tiefen Schluchten ist sehr beeindruckend, aber der Mitre Peak bleibt uns nur als Siluette in Erinnerung. Den Weg zurück nach Glenorchy gehen wir 2 Tage über den Greenstone Track.

Nachdem wir uns von unseren Wanderstrapazen erholt haben, schwingen wir uns wieder auf die Sättel und radeln zurück nach Queenstown, wo wir das zweite Mal den Eissalon Patagonia aufsuchen, um uns zu belohnen. Unser Ziel für heute ist der Hayes See an dem eine Radfahrerfamilie lebt, die wir über warmshowers.org gefunden haben. Neben einem kanadischen Pärchen schlagen wir unser Zelt im Garten auf und werden zu einem überwältigenden Kiwi-Burger eingeladen. Ein Kiwi-Burger besteht aus Mayo, Ketchup, Salat, Fleisch, Käse, gebratener Zwiebel, Ei, Ananas und roter Beete. Das Ganze zu essen, ist ein mundakrobatischer Akt.
Tag 30 unserer Radtour sollte der härteste aber auch einer der schönsten werden. Über die Crown Range führt der höchste Highway Neuseelands auf 1076m. Der Anstieg von 700 Höhenmetern auf 12 km sind für uns nur mit einigen Pausen zu überwinden. Selbst PKWs quälen sich die letzen Kilometer auf der steilen Passstraße hinauf. Mit Puddingbeinen kommen wir oben an. Die Belohnung ist ein traumhafter Ausblick auf den Wakatipusee und Queenstown sowie die umliegenden Gebirgszüge und eine 40 km Abfahrt nach Wanaka. Von hier aus wollen wir die Alpen über den Haastpass überqueeren. Von Albert Town aus fahren wir über den Hawea River Track in der Morgensonne zum Hawea See und weiter zu dem herrlichen Campingplatz Boundery Creek direkt am Wanaka See, in dem wir trotz eisiger Wassertemperaturen ein Bad nehmen. Am nächsten Tag geht es weiter in Richtung Haast-Pass. Wir füllen unser Proviant auf und radeln entschlossen auf den berüchtigten Pass zu. Auf den letzten Kilometern Richtung Pass haben wir starken Gegenwind, aber das Wetter scheint sich zu ändern und so fahren wir weiter um Haast noch heute zu erreichen. Der Pass ist erstaunlich einfach erklommen und es folgen ein paar rasante, steile und kurvige Kilometer. Die Vegetation wechselt beeindurckend von alpin zu Regenwald und wir erreichen nach 98 aufregenden Kilometern den schönen Campingplatz in Haast.
Ciao Otago – Willkommen an der Westküste!

Ein paar Eindrücke der schönen Landschaft bekommt ihr hier:

Otago / Google Photos

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