Roadtrip durch die Atacamawüste (28.03-07.04)

Nachdem wir aus dem kühlen Patagonien zurück in Santiago sind und uns nach der Wärme der Atacama sehnen, erinnern wir uns an die Idee ein Stück unserer Reise mit einem Campervan zurückzulegen. Obwohl wir schon den Bus nach San Pedro rausgesucht haben, entscheiden wir uns spontan um und leihen einen Wicked Camper, um selbst in die Wüste zu fahren. Am 28.03 holen wir “Pablo Neruda”, unser neues fahrbares Heim, ab. Pablo ist noch ganz neu (BJ 2014!) und eigentlich für 3 Personen ausgelegt – wir haben also genug Platz 🙂 Ausgestattet mit Matratzen, Decken, Klapptisch, Stühlen, Gaskocher, Geschirr und Spüle ist es komfortabler als in vielen Hostels!

Wir düsen auf der Route 5 “al norte” bis wir kurz vor La Serena zum Playa Blanca abbiegen und einen guten Übernachtungsplatz an der Straße zum Strand finden. Als wir gerade unsere Tortellini auf dem Teller haben, hält allerdings ein Mann an und sagt, dass wir hier nicht bleiben können, weil das eine private Straße ist… Mist! Das fängt ja gut an… In der Dunkelheit fahren wir zurück nach Tongoy und parken auf einem Platz, wo schon 2 LKWs stehen. Am nächsten Tag fahren wir nach einem Einkauf in La Serena (wichtig! Radio-Handy-Kabel) weiter nördlich. Die Route 5 ist jetzt eher eine Landstraße und die Landschaft sieht mit ihren gelb-braunen Hügeln schon trockener aus. Diesmal suchen wir schon eher nach einem guten Platz für die Nacht und werden an einer Nebenstraße zum Meer fündig. Die Straße aus “weichem Asphalt” führt schnurgerade nach Westen und wir parken auf einem flachen Stück neben einem Gedenkstein mit Blumen und extra Gießwasser. Ansonsten gibt es hier nur Kakteen, kleine Sträucher und einen neugierigen Wüstenfuchs, der uns den ganzen Abend beobachtet 😉 Wir schmatzen die frisch gekauften Papayas und stellen fest, dass chilenische Papayas eigentlich keine Papayas sind sondern eher Maracujas… Der nächste Morgen ist kalt, aber die Sonne wärmt uns schnell auf, ehe wir auf der Autobahn nach Copiapo fahren. Dort wollen wir Vorräte auffüllen und Informationen über den abgelegenen Nationalpark “Nevados Tres Cruzes” einholen. Leider ist die Info geschlossen (achja, es ist Sonntag) und die Fahrt zu Tankstelle beschäftigt uns ca. 30 Minuten. Das Verkehrssystem hier ist teilweise zum Verzweifeln: auf den Autobahnen gibt es manche Abfahrten nur in eine Richtung und wenn man in der anderen Richtung unterwegs ist, muss man beim “Retorno”-Schild (5 km nach der Abfahrt) wenden und dann zur Abfahrt zurückfahren. In den Städten ist es ähnlich mit getrennten Fahrtrichtungen – bis man das realisiert hat, ist man schon an 3 “Retorno”-Stellen vorbeigefahren und muss durch ein Labyrinth von Einbahnstraßen zurückfinden… Als wir dann endlich an der ersehnten Tankstelle ankommen, um zu duschen und unseren Zusatzkanister zu befüllen, springt Pablo auf einmal nicht mehr an… Wir haben während des Duschens versehentlich das Licht brennen gelassen und offensichtlich hat das Laden des Telefons kurz vorher auch zur Schwächung der Batterie beigetragen… Wir sind entnervt, das ist keine entspannte Tour! Verzweifelt schauen wir uns an. Plötzlich parkt ein Auto neben uns und ein alter, hagerer, weißhaariger Hippie mit Che-T-Shirt grinst uns durchs Fenster an. Er spricht Englisch, ist Mechaniker, lebt in Australien und hilft uns gern. Er prüft vorsichtshalber das Wasser in der Batterie und hilft uns den Van rückwärts aus der Parklücke zu schieben und dabei anzurollen – Pablo springt sofort an. Der nette Hippie Ben hat uns mit seiner fröhlichen Art neuen Mut gegeben und kam wirklich wie gerufen.

Wir verlassen Copiapo auf einer gut befestigten Straße Richtung Osten und fahren in die Anden. Nach 80 km passieren wir La Puerta, 3 Häuschen mit ein paar Menschen – die letzten für die nächsten 200 km oder so. Ohne es zu merken fahren wir immer höher, die Straße geht in eine holprige Piste über und die Landschaft wird mit jedem Meter spektakulärer. Wir übernachten auf 3180m, geparkt auf einer großen flachen Fläche neben der Straße mit einigen Eseln, die uns skeptisch beobachten. Es wird schnell sehr kalt und ein schöner Sternhimmel zeigt sich.

Einer der allerschönsten Tage – Ein Nationalpark nur für uns!

Nach einer stürmischen Nacht starten wir am nächsten Morgen gespannt, denn in einer unserer Karten ist für den nächsten Abschnitt ein 4×4-Symbol – wir hoffen das Beste, denn mit Pablo können wir nicht durch Sand, er ist ja doch ziemlich schwer und bleibt mit seinem Heckantrieb schnell stecken… auch auf lustige Hippiehelfer ist nicht zu hoffen, da wir seit gestern Nachmittag gar keine Menschen mehr gesehen haben. Die Straße schlängelt sich steiler und enger die Berge hinauf als gestern; wir durchqueren einen kleinen Bach; die Berge um uns sind aus rötlichem Gestein und schimmern in der Morgensonne. Endlich haben wir es geschafft, wir sind auf dem Pass ~4270m. Vor uns eröffnet sich das Panorama über die Lagune Santa Rosa, den Salar Maricunga und die über 6000m hohen Berge und Vulkane weiter im Osten. Wir genießen den atemberaubenden Anblick und rollen hinab zur Lagune und dem Eingang des Nationalparks. Weder am Eingang noch im Refugio ist jemand anzutreffen – alles still, keine Menschenseele weit und breit. Wir laufen an den Rand der blaufunkelnden Lagune. Überall sind weiße Mineralienablagerungen; ein Vicunja betrachtet neugierig den abgeparkten Van; im Wasser stehen rosa Flamingos und große Hornenten. Wir gehen ganz nah ans Wasser. Auf einmal dreht sich Franzi um und entdeckt den großen Andenfuchs, der ca. 3 m neben uns im Gras liegt. Sein gelbes Fell ist die perfekte Tarnung zwischen den Grasbüscheln und er schaut uns entspannt an. Wir nehmen trotzdem etwas Abstand… Inzwischen nähert sich eine Herde Vicunjas – die sind offensichtlich sehr neugierig und begutachten uns interessiert. Später fahren wir weiter zu einem Aussichtspunkt auf der anderen Seite der Lagune, wo wir einen Geocache finden und einen unwirklichen Ausblick über den Salar haben. Die weitere Fahrt geht über die riesige flache, graue Fläche neben dem Salar, wo wir auch Mittag machen. Diesmal gibt es Fajitas, zusammengebastelt aus Tortillas, Tomatensoße, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Knoblauch, Käse und natürlich Guacamole aus den leckeren Avocados, die es hier gibt *schmatz* Danach erreichen wir die internationale Route 31, die vom über 5000m hohen Paso Fransisco an der argentinischen Grenze kommt. Wir halten am chilenischen Grenzposten und sind überrascht zwei Menschen in dieser Einsamkeit anzutreffen. Wir erkundigen uns über den Zustand der Straße Richtung Norden (da ist wieder ein 4×4-Symbol in unserer Karte). Die Straße ist allerdings viel besser als gedacht (wurde offensichtlich vor kurzem neu befestigt) und gegen Abend sind wir am Salar de Pedernales. Wir folgen einem losen Weg und finden einen Abzweig, der zu einer kleinen Lagune am Salar führt – der perfekte Campingort auf 3380m! Die Flamingos waden ca. 30m neben dem Van durchs Wasser und nach dem Sonnenuntergang wird es erst so richtig kitschig schön: Der Himmel färbt sich und die Berge rosa und alles spiegelt sich auf dem stillen Wasser der Lagune. Die gesamte Umgebung hat jetzt die Farbe der Flamingos – unglaublich! Leider wird es schnell kalt und wir kriechen in unsere Schlafsäcke und drei Decken. Hilft leider nur bedingt gegen die Kälte: am Morgen sind alle Fenster von innen mit Eisblumen bedeckt. das Wasser, die Milch, sogar das aufgewaschene Geschirr ist gefroren! Wir spazieren am Rand der Lagune entlang und finden die Flamingos, wie sie alle eng beisammen stehen, manche schlafen noch; ein paar Enten sind auf der Lagune festgefroren und warten auf die wärmende Sonne, die bald darauf alles auftaut. Wir verlassen den schönsten Schlafplatz aller Zeiten und folgen der Straße nach Westen zurück Richtung Küste. Die Straße wurde wahrscheinlich im Rahmen des fortschreitenden Kupferabbaus neu asphaltiert und stimmt nicht ganz mit unserer Karte überein. Wir sehen eine große Kupfermine, Strom- und Wasserleitungen entlang des Tals und einige Minenstädte. Eigenartig wie so eine verlassene Landschaft doch so industriell erschlossen ist… Nach 3300 m Abfahrt und stinkenden Bremsbelägen erreichen wir das Meer und den “Pan de azucar” Nationalpark. Am Nachmittag machen wir dort eine kleine Wanderung zum Aussichtspunkt über der wilden Küste. Wir übernachten am Rand des Parks und freuen uns über das milde Klima 🙂 Am nächsten Tag folgen wir der Route 1 entlang der Küste, wo wir einen großen Schwarm Delfine entdecken, bevor wir wieder ins Landesinnere abbiegen. Jetzt kommen wir in das trockenste Gebiet der Atacama, das gleichzeitig der trockenste Ort der Erde ist. Keine Pflanzen (nicht einmal kleines Gestrüpp), aber ein kleiner Fuchs, der uns beim Mittagessen am Very Large Telescope (VLT, ESO) besucht. Leider gibt es heute keine Führungen durch das riesige Observatorium, aber es sieht trotzdem sehr spacig aus, wie es auf dem rötlichen Hügel tront. Auf unserem Weg weiter nach Norden passieren wir die “Mano del Desierto”; von weiten sieht die aus der Wüste ragende Hand echt cool aus – von nahen stören die Beschmutzung doch etwas… In La Negra, einem Stützpunkt der Kupferindustrie, fühlen wir uns zwischen hunderten LKWs an der Tankstelle ziemlich verloren und verlassen nach dem Befüllen unserer Kanister diesen “Ort” ganz schnell auf einer Nebenstraße. Entgegen unserer Erwartungen ist die Straße aber gar nicht ruhig: im Minutentakt rollen Trucks von und zu den östlich gelegenen Minen. Wir fahren ca. 50 km in die Berge und parken uns dann auf einen der vielen Stellplätze neben der Straße. Die Luft ist staubig von den LKWs und Minen. Wir erwachen mitten in der Nacht, weil Pablo auf einmal hin und her schwankt. Alles ist still (bis zum nächsten LKW), kein Wind, aber das Auto bewegt sich – ein Erdbeben. Zum Glück ist der Van hier mitten in der Wüste wohl der sicherste Ort während eines Bebens. Schon nach ein paar Sekunden ist alles vorbei und es folgen nur noch ein paar kleine Erschütterungen. Das Beben der Stärke 7,6 war ein Nachbeben des gestrigen großen Erdbebens (8,8) vor der Küste bei Iquique. Früh fahren wir weiter nach Osten, unser Ziel ist der Salar de Atacama, dessen südlicher Teil Abbaugebiet für verschiedene Mineralien, vorallem Salz, ist. Wir sehen riesige Salzberge aber zu den Abbaustätten selbst dürfen wir nicht. Bei der Überquerung des Salar stellen wir fest, wie diese riesige flache Fläche die Wahrnehmung verfälscht. Was aussieht als wäre es nur 2 km entfernt ist in Wahrheit 10 km weit weg – Die kerzengerade Straße Versinkt am Horizont! Etwas weiter nördlich gelangen wir zur Laguna Chaxa, wo wir viele Anden-, James- sowie chilenische Flamingos sehen und deren Unterschiede erkennen. Im Dorf Toconao biegen wir ins Valle de Jere ab. Das ist ein hübsches Tal zwischen den rötlichen Felsen mit duftenden Obstbäumen und einem Bach, in dem eine Schulklasse badet – eine richtige kleine Oase! Gegen Abend fahren wir zurück auf den Salar de Atacama, diesmal zur Laguna Cejar. Unsere Hoffnung eine Lagune zum Schwimmen zu finden, wird von einem Ranger zerstört. Für diese Lagune wird Eintritt verlangt und jetzt ist auch schon geschlossen… Also fahren wir weiter auf der holprigen Straße zu den Ojos de Salar, zwei runden Wasserlöchern mitten auf dem Salar 😉 Wir parken neben einem Ojo und dürfen wieder ein schönes Abendrot über den majestätischen Vulkanen und einen romantischen Sternenhimmel bewundern. Kurz nach dem Schlafen gehen, beginnt die Erde wieder zu wackeln. Es ist befremdlich, wenn so eine riesige Fläche wie der Salar und die mächtigen Berge, die ihn umgeben, auf einmal vibrieren – wir fahren Pablo vorsichtshalber noch ein paar Meter weiter weg vom Wasserloch…

Vor dem Frühstück am nächsten Morgen besuchen wir die nahegelegene Lagune Tebeniche. Diese ist berühmt für ihre glatte Wasseroberfläche, die die beeindruckende Umgebung perfekt widerspiegelt Anschließend fahren wir zurück zur Lagune Cejar (vom Vorabend) und gehen baden. Der Salzgehalt im Wasser ist hier so hoch, dass man nicht wirklich schwimmen sondern nur umhertreiben kann. Ein sehr entspanntes Bad im dunkelblauen Wasser mit einer schönen Aussicht! Nach einem kurzen Zwischenstopp in San Pedro de Atacama, wo wir uns für eine Sternenguck-Tour für morgen anmelden, geht’s ins Valle de la Luna. Hier im Tal des Mondes klettern wir durch Höhlen und enge Gänge zwischen kantigen Salzfelsen. In der Nachmittagssonne erklimmen wir einen hohen Aussichtspunkt, von dem aus wir die skurrile Landschaft betrachten können. Alles hier wirkt eckig, kantig und zerklüftet. Anschließend machen wir uns auf den Weg nach El Tatio. Die Geysiere von El Tatio sind als höchstes Geysierfeld der Welt eine der größten Touristenattraktion in der Umgebung und sie sind am beeindruckendsten vor Sonnenaufgang. Um nicht die ganze Strecke nachts fahren zu müssen, haben wir uns entschieden am Vorabend loszufahren. Wir durchqueren einen Bach und finden einen Schlafplatz auf 3500m. Das ist leider schon unsere letzte Nacht im Van und zum Abendessen gibt es (wie jeden zweiten Abend) noch einmal leckere Linsen 🙂

3:20 Uhr klingelt der Wecker und wir starten etwas verschlafen, um vor Sonnenaufgang da zu sein. Die Straße ist in “mal estado” und wir holpern einige schwierige Anstiege hinauf bis auf 4500 m. Danach geht es mehr ab als auf, aber nie schneller als 30 km/h. 6:30 Uhr erreichen wir die Geysiere auf 4200 m und erkunden die brodelnden Quellen mit der Taschenlampe -überall ist dichter Dampf zu erkennen. Als es hell wird holen wir die Eier aus dem Auto und kochen sie in einem der blubbernden Löcher. Auch der Tee wird schnell heiß 🙂 Bevor wir zurück fahren, nehmen wir noch ein wärmendes Bad in einer der Quellen. Nach der Rückfahrt (auf der wir eine sehr viel bessere Straße entdecken) und einem kleinen Umweg durch Quitor und das grüne Tal, parken wir Pablo in San Pedro und packen wehleidig unsere Rucksäcke.

Der Trip war weit spektakulärer als erwartet, mit vielen beeindruckenden Wüstenlandschaften und verlassenen Schlafplätzen. Es ist schön zu merken, dass es auch nach einem Jahr auf Reise noch Orte gibt, die Gänsehaut verursachen und uns sprachlos machen. Wir sind außerdem froh, dass alles geklappt hat, wir nicht irgendwo in der Wüste stecken geblieben sind und dass wir unseren Ersatzkanister nicht gebraucht haben. Insgesamt sind wir 2537 km gefahren und hatten viel Spaß dabei 🙂

In den verbleibenden zwei Tagen in San Pedro schauen wir uns noch etwas die Umgebung an. Wir leihen uns Mountainbikes und radeln in die Teufelsschlucht. Nach einigen tieferen Flussdurchquerungen und mystischen Petroglyfen windet sich der Weg durch kleine Höhlen und zwischen großen Felsen hindurch. In der heißen Mittagssonne wirkt dieser schöne Ort wirklich lebensfeindlich… Am Tag darauf machen wir einen organisierten Ausflug auf eine der hohen Dünen zum Sandboarden. Wir werden mit abgewetzten Snowboards ausgestattet und dann geht’s los 🙂 Zuerst ruckeln wir langsam den Sandberg hinab, bevor wir lernen wie man Schwung nimmt. Es ist eigentlich wie Snowboarden, nur langsamer. Robert ist nach ein paar Versuchen sicher unterwegs und fährt lässig Kurven. Unten ist der Link zum Video des sandigen Nachmittags!
Am Abend gehen zu einer Sternbeobachtung. Die Atacama ist unter Astrologen berühmt, da die trockene Luft und dunkle Umgebung besonders gute Beobachtungen ermöglichen. Nachdem die Tour in den letzten Tagen zweimal abgesagt wurde, haben wir heute mehr Glück. Wir observieren Planeten, Nebel und Cluster durch ein optisches und ein elektronisches Teleskop.
Am nächsten Morgen verlassen wir Chile nach über 10 Wochen in diesem unglaublich vielfältigen Land. Unser nächstes Ziel ist der Salar de Uyuni!

Unsere Route in Google Maps

Das spannende Video zum Sandboarden

Fotos

Atacama / Google Photos

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